Montag, 2. Juni 2014

Warum Negatives wirkungsvoller ist

Büropsychologie:

 

 Denken Sie negativ

Negative Ansagen als Motivationssteigerung: Kein Kaffee mehr fürs Büro? Herrjemine! Zur Großansicht
 Ein lesenswerter Beitrag aus dem Spiegel:


Negative Ansagen als Motivationssteigerung: Kein Kaffee mehr fürs Büro?

Das ganze Büro macht, was es will - aber keiner, was Sie wollen? Mit einer kleinen Änderung Ihrer Wortwahl kann künftig alles in Ihrem Sinne laufen. Denn in jedem Kollegen steckt vor allem ein Egoist.
Sie möchten Ihre Kollegen von einem neuen Projekt überzeugen. Wie gehen Sie am geschicktesten vor? Sagen Sie: "Mit dem zusätzlichen Umsatz bekommen wir vielleicht einen weitere Planstelle?" Oder sagen Sie: "Ohne den zusätzlichen Umsatz können wir uns vielleicht in Zukunft nicht mehr so viele unterschiedliche Kaffeesorten im Büro leisten?"

Die erste Variante entspricht ganz dem, was uns heute überall eingetrichtert wird: Auf die Chancen konzentrieren statt auf die Risiken, positive Visionen vor Augen haben statt sich um mögliche Misserfolge sorgen. Stärken betonen statt Schwächen. Die Kollegen allerdings werden Sie eher mit der zweiten Variante überzeugen. Studien zeigen nämlich: Menschen sind wesentlich hilfsbereiter, wenn wir ihnen sagen, dass sie einen Verlust verhindern können - statt einen Gewinn ermöglichen.

Ein entsprechendes Experiment untersucht, wie man Menschen dazu bringen kann, Blut zu spenden. Man verschickt unterschiedliche Aufrufe an potenzielle Blutspender. In der einen Version heißt es: "Handeln Sie jetzt! Retten Sie jemandem das Leben!" Die andere fordert auf: "Zögern Sie nicht! Helfen Sie, jemanden vor dem Tod zu bewahren!" Tatsächlich bewegt die Todes-Botschaft 60 Prozent mehr Menschen dazu, Blut zu spenden. Wir wollen keine Lebensretter sein, sondern Todesverhinderer.

Die Unterschiede können winzig sein
Dieser Tod-ist-stärker-als-Leben-Effekt tritt nicht nur auf, wenn es wirklich um Leben und Tod geht. In einer anderen Versuchsanordnung prüft man, wann Probanden eher einer Familie helfen, die wegen Arbeitslosigkeit in Not geraten ist - indem sie Geld spenden oder dem Familienvater bei einer Bewerbung helfen. Die Unterschiede in der Formulierung hält man winzig: Einmal soll es darum gehen, die Hilfe für die Familie zu "verbessern", einmal darum, die Hilfsmöglichkeiten "nicht zu verschlechtern". Das klingt nach Wortklauberei. Trotzdem helfen die Probanden auch hier eher bei der zweiten, also der negativ formulierten Variante.
Wie lassen sich diese Ergebnisse erklären?
Zunächst einmal mit ganz egoistischen Motiven: Wir wollen wichtig sein. Wenn wir jemanden vor einem unmittelbaren Schaden bewahren können, erscheint uns das bedeutungsvoller als "nur" jemandem einen Gewinn zu ermöglichen.

Negative Informationen bleiben hängen
Hinzu kommt ein weiterer Effekt: Erinnern Sie sich einmal daran, als Sie zum letzten Mal ein Hotel buchen wollten und sich dazu Bewertungen im Internet durchgelesen haben? Haben Sie sich nicht auch die negativen zuerst angeschaut und ihnen ein größeres Gewicht gegeben? In der Tat legen Studien nahe: Wir wägen negative Informationen länger und tiefer ab als positive.
Schließlich sind die Schmerzen über den Verlust einer Sache größer als die Freude über ihren Gewinn. Das kennen wir als den "Besitztumseffekt": So ärgern wir uns meist mehr darüber, wenn die Benzinpreise um zwei Cent steigen - als wir uns darüber freuen, wenn sie um zwei Cent fallen. Vor allem im Berufsleben wimmelt es ja überall von "Chancen" und "Möglichkeiten". Mit "Prämien" oder "Boni" versucht man die Leute dazu zu motivieren, "Ziele" zu erreichen und "Leistung" zu bringen. Würde man den Menschen ein höheres Grundgehalt geben und dann jeweils einen bestimmten Betrag davon abziehen, wenn sie Mist bauen - dann liefe das unterm Strich auf die gleiche Summe hinaus, wäre aber wesentlich wirkungsvoller.
Aber auch umgekehrt - also von Mitarbeiter zu Chef - lassen sich die Erkenntnisse nutzen: Denken Sie öfter mal negativ, wenn Sie etwas von anderen wollen! Meist ist es nur eine Frage der Formulierung: Sprechen Sie nicht die Chancen an, sondern die Verlustängste. Das wirkt selbst dann, wenn es nur um ein paar besondere Kapseln Kaffee geht.


  • Mareike Föcking
    Volker Kitz (links) hat Jura und Psychologie studiert und unter anderem als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut gearbeitet. Heute lebt er als freier Autor in München. In der Reihe "Büropsychologie" stellen wir seine besten Bürotricks vor. Sie sind seinem aktuellen Buch entnommen: "Warum uns das Denken nicht in den Kopf will. Noch mehr nützliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie" (gemeinsam mit Manuel Tusch, rechts).
  •  
    TRICKS, wie sich Menschen manipulieren lassen:


1. Die Placebo-Information  (WEIL ich...)


Manche haben es einfach drauf, unverschämt zu fragen, ohne dass es unverschämt klingt: „Darf ich am Kopierer mal kurz vor, weil ich Kopien machen muss?“ Auf so einen Satz fallen bei Tests 94 Prozent der Probanden herein und lassen den dreisten Kollegen tatsächlich vor. Dabei ist die Begründung eine Frechheit, denn sie ist völlig nichtssagend.

Hier nutzt jemand den Umstand, dass wir auf Argumente nicht so genau hören. Hauptsache, die Bitte wird formell begründet und klingt damit höflich. Das Zauberwort lautet als nicht „bitte“, sondern „weil“. Damit gibt sich unser faules Gehirn schon zufrieden!

Es lohnt sich also, genau hinzuhören – und sich mit solchen „Placebo-Informationen“ nicht abspeisen zu lassen. Fragen Sie ruhig zurück. Wer dumm bittet, kann auch eine dumme Rückfrage bekommen.

2. Der Dr.-Fox-Effekt

Dr. Fox ist eine Figur aus einem berühmten Experiment. Man stellt Probanden einen Redner vor: „Dr. Myron L. Fox, eine Kapazität auf dem Gebiet der Anwendung von Mathematik auf das menschliche Verhalten“. Er ist gut gekleidet, tritt vornehm auf; seine Stimme klingt kompetent. Dr. Fox spricht zum Thema „Die Anwendung der mathematischen Spieltheorie in der Ausbildung von Ärzten“. Alle finden den Vortrag inhaltlich sehr gut. Niemandem fällt auf, dass „Dr. Fox“ in Wirklichkeit ein Schauspieler ist, dem aufgetragen wurde, komplett widersprüchlichen Unsinn zu erzählen.

Wenn jemand nur ordentlich angezogen ist, ordentlich spricht und eine gewisse Funktion hat (oder vorgibt), dann glauben wir ihm fast alles. Gerade im Arbeitsleben tummelt sich Dr. Fox überall.

Wie stellen Sie fest, ob ein Mensch wirklich überzeugt oder ob Sie gerade dem Dr.-Fox-Effekt auf den Leim gehen? Stellen Sie sich vor, dieser Mensch würde Ihnen am Samstagmorgen beim Bäcker genau das Gleiche erzählen – in Jogginghose. Und überlegen Sie, wie überzeugend Sie es dann noch fänden.

Entgegentreten können Sie dem Dr.-Fox-Effekt übrigens, indem Sie ihn einfach selbst nutzen: Schmeißen Sie sich auch in Schale und setzen Sie dem feinen Zwirn etwas Entsprechendes entgegen!



3. Die Aussageverzerrung (Das NICHT blendet das Gehirn aus)



„Ich denke nicht, dass der Kollege XY überfordert ist.“ – mit dieser Aussage stärkt jemand vordergründig seinem Kollegen beim Chef den Rücken. In Wahrheit ist es ein hinterhältiger Angriff auf den Kollegen.

Denn das Wort „nicht“ verschwindet in unserem Gedächtnis ebenso schnell wie ein Fragezeichen. Unser Gehirn speichert Bilder ab, und da ist für Fragezeichen und Verneinungen kein Raum. Die Frage „Hat die Meier was mit dem Müller?“ hinterlässt im Gehirn also ein Bild der beiden im Bett. Und die negative Aussage „Ich denke nicht, dass der Kollege XY überfordert ist.“ hinterlässt das Bild – eines überforderten Kollegen. Schon nach kurzer Zeit glauben wir, wir hätten einen positiven Aussagesatz gehört.

Scheinbar harmlose Fragen sollten bei Ihnen also die Alarmglocken schrillen lassen – ebenso das Wort „nicht“. Vielleicht will Sie hier jemand ganz raffiniert aufs Glatteis führen.

4. Der Rhyme-as-Reason-Effekt (REIM ersetzt ARGUMENT)



Was sich reimt, ist gut – aber nicht unbedingt immer für Sie. Experimente zeigen: Menschen halten gereimte Aussagen generell eher für wahr als nicht gereimte. Auch wenn sie gar nicht wahr sind.
Diese Methode kennen wir vor allem aus der Werbung. Doch gewiefte Zeitgenossen streuen einen flotten Reim auch in Meetings oder bei sonstigen Gelegenheiten ein. Das lockert auf, ist meist lustig – und manipuliert. Denn ein Reim ersetzt ein Argument. Daher ist der Effekt als Rhyme-as-Reason-Effekt bekannt.
Die Experimente zeigen aber auch: Wer den Effekt kennt, lässt sich davon nicht mehr in die Irre führen. Und Sie kennen ihn nun. Am besten kontern Sie mit einem Nonsens-Reim: „Tja, Herr Müller, besser ein Hund an der Leine als ein Stall ohne Schweine.“ Über die tiefere Wahrheit dieser Aussage wird Herr Müller dann erst mal eine Weile nachgrübeln …



5. Der Tür-ins-Gesicht-Effekt

Seien Sie vorsichtig, wenn jemand Sie um zwei Dinge in engem zeitlichem Zusammenhang bittet. Es könnte eine „Tür“-Falle sein!

Beim „Tür-ins-Gesicht-Effekt“ bittet Sie jemand zuerst im einen unverschämt großen Gefallen („Kann ich unsere Kinder für zwei Wochen bei dir abgeben, während wir in Urlaub sind?“) und fängt sich ein „nein“ ein. Experimente belegen: Bittet er Sie nun um etwas Kleiners – das, was er eigentlich wollte („Kannst du am Freitagabend bei uns babysitten?“) – dann werden Sie dreimal eher „ja“ sagen, als wenn er Sie sofort mit seinem eigentlichen Anliegen behelligt hätte. Er lässt sich also erst eine große Tür ins Gesicht zuschlagen, damit sich die zweite, eigentliche Tür öffnet.

Das liegt daran, dass wir das Abrücken von einer großen Bitte auf eine kleine als Entgegenkommen empfinden – und das wollen wir dann mit einem Entgegenkommen unsererseits belohnen.


6. Der Fuß-in-die-Tür-Effekt


Genau umgekehrt funktioniert der „Fuß-in-die-Tür-Effekt“: Hier bittet Sie jemand um eine kleinen Gefallen, den niemand abschlagen kann („Bringst du mir einen Kaffee aus der Kantine mit?“). Gehen Sie darauf ein, macht Ihr Gehirn den Rest: Weil es immer möchte, dass Denken und Handeln im Einklang miteinander stehen, sagt es Ihnen: „Der hast du einen Gefallen getan, also musst du sie echt mögen.“ Denn es weiß: Einen Gefallen tut man nur Menschen, die man mag.
Später kommt dann die größere, eigentliche Bitte („Kannst du am Freitagabend bei uns babysitten?“). Und Ihr Gehirn, wieder bedacht auf Harmonie zwischen Denken und Handeln, wird Ihnen sagen: „Die magst du ja echt gern. Also musst du ihr auch diesen Gefallen tun.“
Besonders unverschämte Bitten sollten Sie also ebenso wachsam machen wie besonders beiläufige.
7. Die Einstellungsimpfung

Gegen Manipulationsversuche können Sie sich genauso wie gegen Grippe und Masern impfen: Indem Sie sich kleinen Dosen der fremden Ansicht aussetzen. Damit stärken Sie Ihre Widerstandkräfte für den Fall, dass der große Umstimmungsversuch kommt. Das ist mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen.
Beschäftigen Sie sich also selbst rechtzeitig mit den Gegenargumenten zu Ihrer eigenen Einstellung. Wer zum Beispiel regelmäßig eine Zeitung liest, die seiner politischen Einstellung widerspricht, scheint nur auf den ersten Blick besonders offen. In Wirklichkeit festigt er damit seine eigene Meinung und härtet sich gegen Umstimmungsversuche ab. Der ständige Austausch mit Ihren Gegnern und deren Ansichten ist also der beste Weg, nicht von ihnen manipuliert zu werden!
LINKS:

In Gesprächen, bei Diskussionen oder Verhandlungen wird oft versucht, den Partner mit Scheinargumenten oder Argumentationsfallen zu manipulieren.
www.rhetorik.ch/Manipulation/Manipulation.html
Wer mit Medien und Medienschaffenden zu tun hat, der sollte die Besonderheiten journalistischer Produktion und Mechanismen möglicher Manipulation ...
www.rhetorik.ch/Macht/Macht.html
Oft ist man sich nicht bewusst, wie leicht heute Bilder manipuliert werden können. Wir sammeln hier Beispiele, wo Bildmanipulationen Schlagzeilen gemacht ...
www.rhetorik.ch/Bildmanipulation/Bildmanipulation.html
26. Jan. 2014 ... Ein eindrückliches Musikvideo von Boggie ist eine Manipulation der Manipulation. Der naive Zuschauer könnte meinen, dass mit einer Video ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/14/01_26/
Nano-Beitrag "Wissen als Schutz vor Manipulation". Zurück zur Rhetorik von Powell und Hussein. Rhetorik.ch, 1998-2003 © K-K Kommunikationsberatung ...
www.rhetorik.ch/Kriegsrhetorik/Nano.html
Wer sich mit Manipulation auseinandersetzt, sollte sich auch mit den Beeinflussungstechniken vertraut machen.
www.rhetorik.ch/Beeinflussen/Beeinflussen.html